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Langsam schmeckt besser: "slow baking" (Info)
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die Zutaten:
Info
 Von Georg Lembeck
die Zubereitung:

_"slow baking" - Initiative für handwerkliches Backen_

Traditionell gilt Deutschland als Land des guten Brotes, mit einer unüberschaubaren Vielfalt an Backwaren, gefertigt von Handwerksbetrieben nach alter Tradition. Doch die alteingesessenen privaten Bäckereien werden immer mehr durch Billigbackshops und Bäckereiketten verdrängt. Was man dort einkauft ist immer seltener das Werk von Handwerksmeistern, sondern in den meisten Fällen das Produkt der Backmittelindustrie und ihrer Lebensmitteldesigner.

Weil immer mehr Bäcker zur Fertigbrotbackmischung greifen, weil immer häufiger Tiefkühlteiglinge aus osteuropäischen Brotfabriken in den Ofen geschoben werden und es immer seltener ein Geschmackserlebnis ist, wenn man ein Weizenbrötchen oder ein kräftiges Brot probiert, gibt es nun eine Gegenbewegung: "slow baking"!

_Fertigmischungen: Tüte aufreissen, rühren, fertig_

Immer weniger Bäckergesellen beherrschen ihr Handwerk so, wie es zum Brotbacken nach den traditionellen Regeln nötig wäre. Eine Bäckerei darf auch ohne die alten Kenntnisse und stattdessen mit Hilfe der Backmittelindustrie und ihrer zahllosen Backmischungen geführt werden. Meist heisst es dann: Tüte aufreissen, Wasser dazugiessen, rühren, backen, und fertig sind die Brote, Brötchen, Croissants, Kuchen und Teilchen. Das erleichtert dem Bäcker auf der einen Seite die Arbeit und ermöglicht ihm morgens einen längeren Schlaf. Da immer mehr Bäcker zur Fertigmischung greifen, hat dies auf der anderen Seite für den Kunden zur Folge, dass er landauf, landab exakt die gleichen Brote, Mohnstriezel und Vollwertbroetchen erhält. Ob in München oder Hamburg, die Vielfalt der deutschen Bäckereien ist fast schon verloren gegangen.

_Langsam backen_

Es ist die Ausnahme, dass Bäckermeister noch ohne die Hilfe der Lebensmitteldesigner auskommen. Bäckermeister Engelbert Schlechtrimen aus Köln gehört zu diesen Ausnahmen. Er backt nach eigenen Rezepten und braucht keine Fertigmischung. "Was wir brauchen ist Zeit, viel Zeit", dabei zeigt er auf die vielen Eimer in seiner Kölner Backstube. "Hier haben wir fünf verschiedene Sauerteige. Daraus bereiten wir Vorteige - und die müssen dann erst einmal reifen."

Zusammen mit einem guten Dutzend Gesellen und Auszubildenden betreibt Engelbert Schlechtrimen die verwinkelte Bäckerei in der Kalker Hauptstrasse, die er vom Vater übernommen hat. Die vielen Mitarbeiter fangen schon um halb drei an, die Vorteige, die seit dem Vortag reifen, noch einmal durchzukneten und zu Brötchen zu verarbeiten. "Selbst für die Brötchen haben wir hier einen Vorteig aus zwei verschiedenen Sauerteigen angesetzt", berichtet Engelbert Schlechtrimen.

Weil dem Teig hier Zeit gegeben wird, können sich mehleigene Enzyme entwickeln. Diese sind für den typischen Geschmack verantwortlich, weshalb auf den Zusatz von Aromastoffen verzichtet werden kann. Der Experte nennt das Teigführung: Wenn die stimmt, dann stimmt meist auch das Ergebnis - die Backwaren haben Geschmack und bleiben lange frisch.

_Ein Verein schützt den Geschmack_

Ursprünglich waren solche aufwendigen Prozeduren in jeder Backstube üblich. Doch das scheint lange vorbei zu sein. "Eine echte handwerkliche Backkultur ist heute nicht mehr selbstverständlich", bemängelt Werner Kraeling, der sich mit anderen

Vorbild der Slow-Food-Bewegung den Verein "slow baking". Seitdem sind seinem Verein weit über hundert Bäckereien beigetreten. "Ein guter Rotwein oder ein herzhafter Käse müssen reifen. Dass es sich beim Brotbacken nicht anders verhält, wissen nur wenige", so skizziert er die Ausgangssituation im Bäckereiwesen dieser Tage.

Dabei würden sich viele Kunden wünschen, wieder solches Brot zu essen, wie sie es noch aus ihrer Kindheit kennen. Nicht jeder Brötchenkaeufer und Brotkunde wolle nur "Billiges" aus dem Backshop. Für ein wirklich gutes Produkt aus der Bäckerei, das aus nichts anderem als Mehl, Wasser, Sauerteig, Hefe und Salz besteht, sei der Kunde bereit, einen angemessenen Preis zu bezahlen - schliesslich bliebe solch ein Brot auch länger frisch. Dass die entsprechenden Backwaren dann auch tatsächlich "langsam gebacken" wurden, soll das "slow baking"-Siegel garantieren.

_Harter Weg zum "slow baking"-Siegel_

Bevor ein Bäcker mit "slow baking" werben darf, muss er eine strenge Prüfung über sich ergehen lassen. Stefan Rauer vom Institut für Getreideverarbeitung (Igv) in Potsdam ist ein unabhaengiger Kontrolleur, der von dem Verein beauftragt wird. Er begutachtet zum einen Backwaren, die als "slow baking"-Produkte verkauft werden dürfen. Wenn sich zum anderen eine Bäckerei, wie die von Engelbert Schlechtrimen, vollständig als "slow baking"-Betrieb vermarkten möchte, dann steht eine mehrtaegige Betriebskontrolle an. Und die hat es in sich: "Einmal wird die Rezeptur betrachtet, dann parallel bei der Teigproduktion aufgepasst, ob sie auch wirklich einsetzen, was hier als Rezepturbestandteil auftaucht, und dann dementsprechend die einzelnen Teigruhen, die Teigführungsarten und auch der Backprozess begutachtet", beschreibt der Kontrolleur seine Arbeit, die ihn ebenfalls schon um halb drei in die Backstube treibt.

Vom Lager bis zur Tortenproduktion bleibt kein Winkel, kein Handgriff in der Bäckerei unbeobachtet. Erst wenn wirklich bewiesen ist, dass kein künstliches Backhilfsmittel, keine Fertigcreme für die Puddingteilchen und kein künstlicher Aromazusatz verwendet werden, zeigt sich Stefan Rauer zufrieden. Zwei Tage dauert eine solche Betriebskontrolle. Danach packt der Prüfer Dutzende Backproben ein und lässt diese von Kollegen in einer anderen Abteilung des Igv begutachten. Nur wenn alle Proben in Geschmack und Aussehen eine bestimmte Punktzahl erhalten, empfehlen die Prüfer, das "slow baking"-Siegel zuzuerkennen. Engelbert Schlechtrimen hat diese Prüfung als erster Bäcker in Köln erfolgreich hinter sich gebracht. Das entsprechende Schild darf er nun an seiner Hauswand anbringen.

_Gute Vorbereitung nötig_

In Seminaren können sich Bäcker auf diese Prüfung vorbereiten, denn nicht alle wissen tatsächlich exakt, wie sie vollkommen ohne künstliche Hilfsmittel und Aromastoffe auskommen. Roland Schueren, seit sechs Monaten zertifizierter "slow baker" aus Hilden, war überrascht über die anspruchsvolle Prüfung. "Ich muss sagen, ich hatte es mir etwas einfacher vorgestellt. Die Prüfer sind ganz schön zur Sache gegangen, sie waren schon kritisch. Wir hatten auch zwei Sachen, die wir am Prüfungstag noch ändern mussten. Es ist schon sehr anspruchsvoll die "slow baking"-Prüfung." Dafür hat er jetzt aber als einer von etwa zwei Dutzend deutschen Bäckern das Siegel mit der Schildkroete verliehen bekommen.

_Zutaten aus der Region_

Roland Schueren legt zudem grossen Wert darauf, mit lokalen Partnern und Lieferanten zusammenzuarbeiten, ganz nach dem Motto "Global denken, lokal handeln". Der Hildener Bäcker macht sich deshalb mehrmals im Jahr auf, um seinen Lieferanten auf einem Solinger Naturland-Bauernhof zu besuchen. Von hier bezieht er bis zu 1.500 Kilogramm Getreide pro Woche, das er in seiner Backstube selbst mahlt. Während der Kartoffelsaison sind es 500 Kilogramm Erdäpfel, die er auf dem Bauernhof ordert. Denn für eine seiner Spezialitäten, das Kartoffelbrot, lässt er in seinem Betrieb die Früchte schälen und reiben, um sie dann mit Mehl zu einem fast flüssigen Teig zu verarbeiten. Die Industrie würde hier eine Kartoffelbrotfertigmischung empfehlen, bei der die Verarbeitung wesentlich weniger aufwendig wäre. Doch der Geschmack, da ist sich Roland Schueren sicher, ist mit frischen Kartoffeln unübertroffen. Zudem weiss er genau, was er seinen Kunden verkauft. Und der "slow baker" ist auch überzeugt, dass es wesentlich gesünder ist, sich ohne Konservierungs- oder Farbstoffe, ohne künstliche Aromen und chemisch-synthetische Zusatzstoffe zu ernähren.

_Weitere Informationen_

Orvieto: Herz der "Slow Food"-Bewegung

Spar-Menü: Drei Gänge für 5 Euro - Konzept der Slow Food Gruppe Münster

* http://www. Slowbaking. De/ Homepage des Vereins slow baking e.V.

* http://www. Slowfood. De/ Internetauftritt der weltweiten Vereinigung von bewussten Geniessern und muendigen Konsumenten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Kultur des Essens und Trinkens zu pflegen und lebendig zu halten.

* http://www. Igv-gmbh. De/ Seite des Instituts für Getreideverarbeitung


Anmerkungen zum Rezept:
keine