Auf seinen Feldern im österreichischen Burgenland baut der Theologe und Gemüsezuechter Erich Stekovics zahlreiche seltene Paprikasorten an, zum Beispiel süssliche Apfel- und Paradeiserpaprika, fruchtige Spiralpfefferoni, milde Taschenpaprika und die scharfe Sorte "Santa Fé". Servicezeit: Kostprobe hat das sonnige Paprikaparadies am Neusiedler See besucht und dort viel Interessantes über das fruchtige Gemüse erfahren.
_Eine scharfe Familie: Paprika und Chili_
Eine kurze Begriffsentwirrung vorweg: Was ist nun eigentlich der Unterschied zwischen Paprika und Chili, Pfefferoni und Peperoncini? Biologisch betrachtet ist der Unterschied gar nicht so gross. Alle diese Gemüse gehören zur gleichen Gattung, und eine Einteilung nach einzelnen Arten ist mit diesen Bezeichnungen nicht möglich. Umgangssprachlich bezeichnet man milde, dickfleischige Gemüsepaprika in Österreich und Deutschland als Paprika, in der Schweiz als Peporoni. Pfefferoni sind in Österreich längliche, meist dünnwandige Formen - wobei diese wieder mild oder scharf sein können und entweder frisch, eingelegt oder getrocknet gegessen werden.
Als Chili oder Gewürzpaprika werden meist kleine Sorten bezeichnet, die scharf bis sehr scharf sind und getrocknet als Gewürz verwendet werden. Als Peperoncini werden in Italien sowohl Paprika wie auch Pfefferoni bezeichnet. Insgesamt gibt es 25 Arten der Gattung "Capsicum", die alle in Süd- und Mittelamerika verbreitet sind.
_Der wilde Ursprung_ Die Ursprungsgebiete der wilden Paprika liegen von Mittelamerika bis ins warm temperierte Südamerika. Die meisten Urformen bilden winzige, aufrecht stehende rote Früchte. Diese Urformen werden auch Vogelaugenchilis genannt: Vögel werden von der roten Farbe angelockt, verspeisen die Früchte und sorgen für die Verbreitung.
Da Vögel keine Sinnesrezeptoren für Schärfe haben, spüren sie die unglaubliche Schärfe dieser wilden Früchte nicht.
Indigene Völker haben diese wilden Urformen in Kultur genommen. Paprikaarten wurden mindestens dreimal unabhaengig voneinander domestiziert. Auf dem Weg von der Wild- zur Kulturpflanze verwandelte sich die Pflanze: Die Früchte hängen meist unter dem Blattwerk und lösen sich nicht von selbst vom Stiel.
Paprika zählt zu den ältesten Kulturpflanzen der westlichen Hemisphäre. Archaeobotanische Funde belegen eine Nutzung von Paprika als Sammelpflanze seit 8.000 vor Christus. In Kultur ist sie seit 2.000 vor Christus in Peru und seit 1.500 vor Christus in Chile.
_Kolumbus# Mitbringsel_ Von den Europäern wurden die scharfen Paprika rasch geschätzt.
Kolumbus brachte bereits von seiner ersten Entdeckungsreise Paprika nach Spanien mit. Auf den Handelsrouten der Portugiesen machte das Gemüse bald seinen Weg bis nach Asien, von wo es mit den Türken wieder westwaerts bis zum Balkan gelangte. Im 16. Jahrhundert verbreitete sich Paprika ausgehend von der iberischen Halbinsel nach Ost- und Mitteleuropa.
Ungefähr in der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde Paprika in Italien und Ungarn eingeführt: zwei Länder, in denen seither zahlreiche landestypische Paprikagerichte entstanden sind. Die intensive Nutzung führte zu neuer Vielfalt, einige Sorten entstammen dieser Zeit. Die Nutzung als rohes und verarbeitetes Gemüse führte auch zur Selektion dickfleischiger Sorten.
_Einheimische Alternative zum teuren Pfeffer_ In Ungarn wurde Paprika als billigere Alternative zu schwarzem Pfeffer angebaut. Eine typisch ungarische Nutzung ist die Verarbeitung der Gewürzpaprika zu Pulver. Erst im 19. Jahrhundert gelang es, capsaicinfreie Sorten - milde Gewürzpaprika - zu züchten. Noch später, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, entstand durch eine Zufallskreuzung der Typus der milden Gewürzpaprika. Die wichtigsten Anbaugebiete in Ungarn liegen in Szeged an der Theis und in Kalocsa an der Donau. Im deutschsprachigen Raum begann die Paprikanutzung erst im späten 19. Jahrhundert.
_Neue Vielfalt in Mitteleuropa_ Gemüsegaertner aus dem Balkan brachten die Paprikapflanze nach Österreich. Das Klima im Osten des Landes, nahe der ungarischen Grenze, bietet mit viel Wind und etwa 300 Tagen Sonne im Jahr ideale Anbaubedingungen. Es entstanden eine Reihe regionaler Gemüseparikasorten: zum Beispiel "Neusiedler Ideal" und "Wiener Calvill".
_Sonnenverwoehnte Früchte_ Die Felder von Erich Stekovics aus Frauenkirchen am Neusiedler See erscheinen wie ein riesiges Paprikaparadies. Der "Gemüsepapst" baut nur unter freiem Himmel an und erntet seinen zahlreichen Paprikasorten so spät wie möglich, immer am höchsten Punkt des Aromas - kompromisslos. Lieber lässt er eine Frucht auf dem Feld zurück, als dass er sie unreif pflückt: "Wenn man ihn anders ernten würde, hätte man 40.000 Kilogramm Ertrag pro Hektar, und wir ernten zwischen 1.000 und 1.200 Kilogramm, das heisst, es bleiben wirklich nur die gesündesten, reifsten Früchte übrig, die wirklich so das Aroma einfach ganz tief in sich tragen. Je später man den Erntezeitpunkt ansetzt, umso höher ist dann der Fruchtzuckergehalt, umso höher sind die Aromastoffe. "Chili hot" hat ein ganz ein anderes Aroma, wenn er im vollreifen Zustand geerntet wird, das heisst, auch die Schärfe des Chilis hat damit zu tun, wie viel Sonnenstunden er bekommen hat." _Billigprodukte oft belastet_ Bei Lebensmittelkontrollen sind Gemüsepaprika und Gewürzpaprika in den vergangenen Jahren immer wieder wegen hoher Pestizid- und Schadstoffbelastung negativ aufgefallen. Daher empfiehlt es sich gerade bei Paprikaprodukten, auf Bioqualität zu achten.
_Buchtipp_ * Andrea Heistinger Handbuch Samengaertnerei Sorten
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Rezept: Paprika-Fischsuppe von Neusiedlerseefischen
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